Baurecht

Allgemeines

In den letzten Jahren ist das Baurecht als Alternative zum Grundstückseigentum auf dem Vormarsch. Hauptgründe sind einerseits der enorme Preisanstieg in Österreich bei unbebauten Gründen in und rund um die Städte, andererseits aber auch die anhaltende niedrig-Zins-Politik der wichtigen Finanzmärkte. Somit sind langfristige Veranlagungen in Grund und Boden eine absolute attraktive Alternative zu Finanzmarktprodukten. Die angesetzte Ertragskomponente liegt zwischen 3% in Toplagen (Wien, Graz, Salzburg im großvolumigen Bau) bis 6% im ländlichen Bereich, also deutlich über den vergleichbaren Bankprodukten.

Während diese Form in Österreich außerhalb des Wiener Umfeldes noch Neuland darstellt, ist das auf den wichtigsten europäischen Märkten ganz anders. Vorreiter ist hier ganz besonders England. In den Städten sind echte „free hold“ Grundstücke nahezu nicht vorhanden, alles geht hier im „lease hold“ Bereich. Langfristige Verträge werden oft ebenfalls als „free hold“ bezeichnet, da sie in der Nutzung diesen gleich zu setzen sind. Daher fehlt hier auch etwas Vergleichbares wie unser Grundbuch, Übertragungen so sie stattfinden werden von den Anwälten durchgeführt. Zumeist stehen die Gründe im Besitz von Kirchen und Konzernen.

Ähnlich, wenn auch nicht im selben Ausmaß, sieht die Situation in Deutschland aus. Hier gibt es die umgangssprachlich als Erbpacht titulierte Version, die rechtlich Erbbaurecht seit einiger Zeit heißt. Auch hier gibt es jahrhundertealte Traditionen, der Umgang mit dieser Art des Grundbesitzes ist vor allem bei Großbauten komplikationslos.

Im konservativen Österreich, das in der Vergangenheit bäuerlich geprägt war und nur wenig Städte internationalen Formats aufweisen kann, ist das Baurecht zumeist in Zusammenhang mit kirchlichem Besitz verknüpft und in seiner Definition oft verwechselt mit dem Pachtrecht.

 

Rechtliches

Die wichtigsten Unterschiede der beiden Rechtsformen sind hier erklärt. Das Baurecht ist eine eigene Einlage im Grundbuch. Das heißt auf der gleichen Grundstücksnummer gibt es zwei Einlagezahlen. Einmal als Grundeigentum und einmal als Baurechtseigentum. Beide Formen sehen gleich aus, das heißt die jeweiligen Eigentümer sind im B-Blatt (Besitzblatt) intabuliert. Die Belastungen finden sich wie gewohnt im C- oder Lastenblatt. Damit wird eine Finanzierung nach den exakt gleichen Parametern abgewickelt und die Hypothek ist voll einverleibungsfähig. Lediglich der Verweis in der EZ des Grundeigentums im A2-Blatt auf die zweite Einlage für das Baurecht unterscheidet die beiden Auszüge (und natürlich die unterschiedlichen Eigentümer).

Im Gegensatz dazu wird das Pachtrecht, wenn überhaupt, nur im C-Blatt der Grundstückseinlage als Belastung angeführt. Sehr häufig ist nicht einmal das zu erlesen. Bei den Pachtgründen des Zentralverbands der Wiener Kleingärten ist das als Beispiel so. Damit ist auch der Besitz des Superädifikats im Baurecht vollkommen eindeutig geregelt, im Pachtrecht dagegen eher eine gelebte Übereinkunft, da der Grundeigentümer nach Auslaufen das Entfernen der Baulichkeit oder den ersatzlosen Übergang in sein Eigentum verlangen kann. Trotzdem gibt es auch für diese Form Bankfinanzierungen, die aber wesentlich komplizierter sind und daher von manchen Instituten nicht angeboten werden. Stilmittel sind hier die Abtretung der Pachtrechte oder das Wegerecht für den Zutritt zum Gebäude für den Fall.

Grundsätzlich sind Baurechte mindestens 10 und höchstens 100 Jahre abzuschließen. Im Regelfall bewegen sich die Laufzeiten zwischen 70 und 100 Jahre in der neueren Zeit, sogar das Stift Klosterneuburg hat hier die Verträge adaptiert (in Altverträgen waren es 5 + 5 + 5….). Dazu gibt es ein klares gesetzliches Exitszenario sofern nichts anderes im jeweiligen Vertrag festgeschrieben ist. Sollte am Ende der Laufzeit der Baurechtsvertrag nicht verlängert werden so steht dem Baurechtsnehmer eine Ablöse in Höhe von 25% des Schätzwertes zum Zeitpunkt des Auslaufens als Entschädigung zu. Man stelle sich also vor was ein Zinshaus in Wien anno 1920 wert war und was heute. Diese Rechnung stellt die Folgegenerationen also ebenfalls sicher.

Alternativ (und bei den ersten ausgelaufenen Baurechten so exekutiert) kann der Baurechtsvertrag um weitere 100 Jahre verlängert werden. Oder aber, und auch dazu gibt es Präzedenzfälle der jüngeren Vergangenheit, es wird das Grundstück dem oder den Baurechtsnehmern zum Kauf angeboten unter der Voraussetzung, dass der bis zum Stichtag bezahlte jährliche Baurechtszins und der Kaufpreis in einem nachvollziehbaren Zusammenhang stehen.

Zum Thema Sicherheit noch eine Ergänzung. Die Aufkündigung des Baurechtes ist aus- schließlich aus finanziellen Gründen möglich. Die Nichtbezahlung des Baurechtszinses lässt eine Beendigung zu, allerdings müssen dazu zwei gesamte Jahreszinse nicht beglichen worden sein. Damit ist auch klar, dass der Reaktionsspielraum bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten enorm hoch ist.

 

Steuerliche Betrachtung

Der Erwerb des Baurechts erfolgt steuerlich nach ähnlichen Voraussetzungen wie traditionelles Grundeigentum. Die Grunderwerbsteuer beträgt als Satz 3,5%. Bemessungsgrundlage sind die Jahreszinse abgewertet um 5,5%, maximal jedoch der 18-fache Satz. Die exakte Berechnung erfolgt durch den Treuhänder und Vertragserrichter. In Wien z.B. als eine der erfahrensten Kanzleien HSP Law. Nach wie vor nicht zu 100% ausjudiziert ist die Frage, ob die einmalige Bezahlung der GrESt für das Bau- recht ausreichend ist, und somit danach nur noch der eventuelle Verkauf des Superädifikats steuerlich betrachtet wird. Derzeit hat das FA Österreich das so goutiert in zwei Fällen.

Die Eintragungsgebühr ist ebenso analog zu bezahlen, die Höhe also ist 1,1%, Bemes- sungsgrundlage ist der Verkehrswert. Dies kann durch ein entsprechendes Gutachten festgelegt werden.

Darüber hinaus ist ein weiteres Mosaiksteinchen für den Vormarsch von Baurechts Konstrukten auch in der ertragsseitigen steuerlichen Betrachtung zu finden. Während in der konservativen Form mit Grundeigentum bei der jährlichen Abschreibung (AFA) die gesamte Liegenschaft herangezogen wird, ist das beim Baurechtseigentum lediglich das Gebäude.
Somit gilt im Baurechtseigentum im Normalfall 1,5% von den Gesamtkosten jährlich als anwendbar (Denkmalschutz, besondere Lage, Bauherrenmodelle etc. sind hier nicht Thema), während nach derzeitiger Gesetzeslage von den Kosten der Grundstückswertanteil in Höhe von 40% im städtischen Bereich bis zu mindestens 20% als Basis im ländlichen Bereich oder unter Vorlage entsprechender Gutachten unberücksichtigt bleiben.

Ein Beispiel: ein Wohnbauprojekt mit Grundanteil hat einen Wert von € 50 Mio (ca. 10.000 m2 Nettowohnfläche). Davon durch ein Gutachten minimierte beträgt der Grundanteil 30%. Somit ergibt sich ein absoluter Grundwert in Höhe von € 15 Mio. Die somit verlorene AFA beträgt € 4,5 Mio in 20 Jahren, also fast 10% des Wertes der Liegenschaft. Im Gegensatz dazu habe ich den Baurechtszins als Durchlaufposten und damit steuerlich unberücksichtigt, während der Gebäudewert in Höhe von € 35 Mio mit der kompletten AFA abgeschrieben wird. Aus dieser Aufschlüsselung ist sehr schnell erkennbar, warum besonders Institute mit längerem Anlagefokus sehr gerne auf diese Form zurückgreifen. Dazu gehören Banken ebenso wie Pensionsfonds oder auch Interessensvertretungen.

 

Resümee

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Baurecht viele Vorteile hat, jedoch keine echten Nachteile. Wenn überhaupt dann liegen diese in den erfahrungsgemäßen Visionen des Besitzes von Grund und Boden. Wir sind über Jahrzehnte gewohnt (und das sollte sich hoffentlich und bitte nicht ändern), dass unbebaute Liegenschaften im Regelfall überdurchschnittliche, also über die Zuwächse des VPI hinausgehende, Mehrwerte erwirtschaften.

Diesen nimmt natürlich der Baurechtsgeber mit, aber im Abtausch damit, dass er keinerlei Nutzen aus seiner Liegenschaft ziehen kann. Für den Wohnungseigentümer, der das Superädifikat selbst nützt, ist es so zu verstehen, dass in den ersten Jahren der Anschaffung, die zumeist die wirtschaftlich herausforderndsten sind, eine fremde Person unterstützt mit Bereitstellung des Grundstücks und im Laufe der Zeit dies abgegolten wird, insgesamt also eine Win-Win-Situation für alle.

Für Anleger ist wiederum besonders attraktiv, dass (bei Neubau) der gesamte Kauf- preis vorsteuerabzugsfähig ist und auch als Berechnungsgrundlage für die AFA zur Gänze herangezogen werden kann. Und für die finanzierenden Institute kommt eine weitere Form der Geschäftspartnerschaft hinzu, die die Vorgaben der modernen Wirtschaft hinsichtlich Umsatzes und Sicherheit leicht erfüllen lassen.

Juristischer Fachmann: Mag. Peter Fassl, HSP Anwälte